
Der Eber im Weinberg – Kirche schießt gegen Peter Hahne

Im Jahr 1185 starb Balduin IV. von Jerusalem – ein König, dessen kurzes, schmerzvolles Leben bis heute berührt und inspiriert. Acht Jahrhunderte und vierzig Jahre später lohnt es sich, innezuhalten und sich zu fragen, was wir von diesem kranken König des Heiligen Landes lernen können – über Mut, über Menschlichkeit, über die Kraft eines Willens, der größer war als der Körper, der ihn trug.
Ein König mit einer Krankheit, die stigmatisiert
Balduin IV. wurde 1161 geboren, in eine Welt der Kreuzzüge, Intrigen und religiösen Spannungen. Schon als Kind wurde bei ihm Lepra diagnostiziert – eine Krankheit, die nicht nur körperlich entstellte, sondern auch sozial isolierte. Wer damals an Lepra erkrankte, galt als lebendig tot. Und doch: Mit kaum 13 Jahren bestieg Balduin den Thron des Kreuzfahrerkönigreichs Jerusalem. Er regierte nicht nur, er kämpfte – gegen die Krankheit, gegen politische Gegner, gegen die Übermacht des berühmten muslimischen Heerführers Saladin. Und oft: gegen alle drei zugleich.
Trotz der fortschreitenden Krankheit führte Balduin seine Armee in die Schlacht von Montgisard – und schlug dort 1177 mit einer zahlenmäßig weit unterlegenen Truppe Saladins übermächtiges Heer. Dass er dabei teils blind war, seine Hände kaum noch bewegen konnte, seine Haut von der Krankheit zersetzt wurde – macht diese Tat nicht nur militärisch, sondern zutiefst menschlich heldenhaft. Sogar Saladin selbst war von seinem christlichen Kontrahenten so beeindruckt, dass er ihm zeitlebens großen Respekt zollte.
Würde trotz Schwäche
Was Balduin IV. so besonders macht, ist nicht allein sein Mut, sondern seine Haltung. Er wusste, dass sein Leben kurz sein würde. Er wusste, dass die Lepra unaufhaltsam war. Aber er klammerte sich nicht an den Thron. Als seine Kräfte schwanden, setzte er seinen kleinen Neffen Balduin V. als Nachfolger ein – nicht um an der Macht zu bleiben, sondern um sein Volk vor dem drohenden Chaos nach seinem Tod zu bewahren.
In einer Epoche, in der Machtgier oft alles überwog, war Balduins Weitblick und selbstlose Fürsorge ein seltener Akt politischer Reife. Er starb mit nur 24 Jahren – zerschunden vom Leid, aber nicht vom Leben besiegt. Sein Charakter blieb ungebrochen, seine Würde unantastbar.
Warum Balduin IV. heute ein Vorbild ist
In unserer Zeit, in der Jugend, Gesundheit und Erfolg oft als Maßstab für Lebenswert gelten, ist die Geschichte Balduins eine Herausforderung – und ein Gegengewicht. Er zeigt, dass ein Mensch nicht trotz, sondern gerade durch sein Leiden zur Inspiration werden kann. In einer Gesellschaft, die zunehmend auf Leistung und Oberfläche fokussiert ist, erinnert uns Balduin an tiefere Werte:
• Würde im Leiden: Balduin zeigt, dass körperliche Schwäche kein Hindernis für innere Größe ist. Seine Anmut und sein Verantwortungsgefühl unter Schmerzen sind eine stille Mahnung an unsere oft oberflächliche Leistungskultur.
• Moralische Stärke: Während viele Herrscher seiner Zeit Intrigen und Eitelkeit erlagen, blieb Balduin standhaft. Er stellte das Wohl seines Volkes über eigene Interessen – ein Prinzip, das heutigen Führungspersönlichkeiten gut anstünde.
• Empathie durch Erfahrung: Wer selbst leidet, versteht andere besser. Balduins Regentschaft war geprägt von Menschlichkeit – vielleicht, weil er selbst so sehr Mensch war: verwundbar, sterblich, und gerade deshalb glaubwürdig.
Ein König der Menschlichkeit
840 Jahre nach seinem Tod ist Balduin IV. kein gefeierter Feldherr, kein machtgieriger Monarch. Sondern ein König, der Mensch blieb – und gerade dadurch zur Legende wurde. Sein Leben zeigt: Es ist nicht der Körper, der uns groß macht, sondern das, was wir trotz seiner Schwäche leisten.
Wenn wir heute auf Balduin IV. blicken, sehen wir nicht nur einen historischen Charakter – wir sehen ein Vorbild für Resilienz, für Verantwortung, für Demut. In einer Welt voller Unsicherheiten ist sein Leben eine stille Erinnerung daran, dass wahre Stärke oft im Schmerz geboren wird – und dass Heldentum manchmal leise, aber dafür umso wahrhaftiger ist.

Paul von Beckendorf
Paul von Beckendorf (Jahrgang 1984) ist als Autor und Berater tätig. Seine Beiträge befassen sich vor allem mit den Themen Reisen und Religion. Hin und wieder kann er aber auch zur aktuellen Politik nicht schweigen. Paul lebt in Mecklenburg.
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