Einordnungen nach der Wahl in Wien und dem Absturz der FPÖ
Lange Zeit war die FPÖ das große Vorbild der AfD. Von den Blauen in Österreich lernen, hieß offenkundig siegen lernen, schienen diese doch den Traum von einer Volkspartei rechts der Mitte erfolgreich verwirklicht zu haben. Vor einigen Jahren nahm ich mal an einer Veranstaltung der brandenburgischen AfD in Nauen teil. Dort war der FPÖ-Spitzenpolitiker Harald Vilimsky als eine Art Stargast geladen, zu dem die Anwesenden mit ehrfürchtiger Bewunderung aufblickten – mich selbst eingeschlossen. Nach dem Erfolgsgeheimnis der FPÖ wurde der Mann aus der Alpenrepublik mehr als einmal gefragt. Als dessen Partei Ende 2017 dann in eine Koalition mit der ÖVP eintrat, HC Strache im Kabinett Kurz I zum Vizekanzler aufstieg und die Freiheitlichen nach dem Fiasko siebzehn Jahre zuvor somit erneut auf Bundesebene Regierungsverantwortung übernehmen konnten, war die Begeisterung auch in Deutschland zunächst grenzenlos.
Allerdings hatte man die Rechnung ohne den linken Tiefen Staat gemacht. Die an Perfidie kaum zu überbietende sogenannte Ibiza-Affäre setzte dem Siegeszug der FPÖ ein abruptes Ende. Seither folgt ein Wahldebakel nach dem anderen. Zuletzt stürzten die, seit dem Parteiausschluss HC Straches vom eher farblosen und im Vergleich zu seinem Vorgänger wenig charismatischen Norbert Hofer geführten, Blauen bei der Gemeinderatswahl in Wien – vergleichbar mit der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus – um unfassbare 23% auf 7,5% ab. Das ist eine Katastrophe, freilich aber auch kein singuläres Ereignis. Immer wieder mussten gerade in jüngerer Zeit zuvor erfolgreiche Parteien plötzliche Niederlagen in ähnlichen Größenordnungen hinnehmen. Auf deutscher Seite darf die SPD an dieser Stelle als Beispiel dienen. Ehedem linksliberale Volkspartei krebst sie heuer bei 15% Wählerzuspruch herum, ist auf dem Weg zur Politsekte.
Dennoch gibt es zwischen beiden Parteien einen entscheidenden Unterschied. Die Macht der SPD – wie übrigens auch der Grünen und des SED-Rechtsnachfolgers Die Linke – speist sich nicht allein aus der parlamentarischen Repräsentanz, sondern aus dem, was in jenen Kreisen als „Zivilgesellschaft“ bezeichnet wird. Dieser demagogische, weil einen durchaus nicht vorhandenen Rückhalt in der Gesamtgesellschaft vorgaukelnde, Begriff steht für die Durchdringung weiter Teile des vorpolitischen Raumes, mithin des kulturellen Lebens, kirchlicher Institutionen, des Breitensports, der Kunstszene u.v.m. durch Protagonisten des linken bis linksextremistischen Spektrums. Vermittels üppigster staatlicher Förderung ist somit eine schier erdrückende Einflussnahme unzähliger NGO‘s auf alle Bereiche der Gesellschaft im Sinne des herrschenden Parteienkartells garantiert. Auf diese Weise haben die Grünen beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern erheblichen politischen Einfluss, obgleich sie im Schweriner Landtag derzeit überhaupt nicht vertreten sind.
Die FPÖ hat es trotz ihrer jahrzehntelangen Existenz sowie zumindest zeitweise beachtlicher materieller wie immaterieller Ressourcen versäumt, den vorpolitischen Raum wenigstens in Teilen zu erobern, zu besetzen und im weiteren Fortgang eine „Zivilgesellschaft von rechts“ zu etablieren. So kam es dann, dass unmittelbar nachdem die dubiosen Vorgänge auf Ibiza ruchbar geworden waren, sich an einem Sonntag wie aus dem Nichts tausende linke Demonstranten vor dem Wiener Bundeskanzleramt einfanden, um von Kanzler Kurz die sofortige Demission HC Straches zu fordern, vor dessen Amtssitz andererseits aber kein einziger Parteigänger der FPÖ auflief, der sich mit diesem solidarisiert hätte. Die Blauen, stets auf das Parlament als alleiniger Ort anständiger oppositioneller Arbeit setzend, verfügten über keinerlei Mechanismen, ihre Anhängerschaft jenseits der Wahlkabinen zu mobilisieren, mithin einen öffentlichen Druck auf der Straße zu erzeugen, welcher in der Lage gewesen wäre, den Dingen einen für sie günstigeren Verlauf zu geben. So ist verronnen, was eben erst gewonnen und die FPÖ konnte nichts dagegen tun, gab sich stattdessen allen Ernstes der grotesken Illusion hin, nach einer Neuwahl ohne Strache wieder mit der ÖVP unter Kurz koalieren zu können.
Bis anhin hat die AfD aus all dem nichts gelernt. Spätestens jetzt müsste das Schicksal der österreichischen Blauen ein Umdenken bewirken. Wenn eine Partei wie die FPÖ in den zurückliegenden fünf Jahren mit über 30% als zweitstärkste Kraft im Wiener Stadtparlament präsent war und nun mit 7,5% vor dem politischen Nichts steht, sollte deren deutsches Pendant endlich begreifen, wie wichtig eine starke Verankerung in den gesellschaftlichen Strukturen ist. Kann man die bestehenden Strukturen als Vertreter der freiheitlich-patriotischen Opposition nicht besetzen, müssen unsererseits eben neue geschaffen werden. Martin Sellner hat nämlich unstrittig recht, wenn er in Reaktion auf die jüngste Wahl in Wien erneut feststellt: „Die Zukunft Österreichs (und Deutschlands – d. A.) wird nicht am Wahltag oder im Parlament entschieden, sondern durch mutige Patrioten, die auf die Straße gehen.“
Die weitere Entwicklung der AfD ist ebenfalls höchst ungewiss. Auf nationaler Ebene wie auch in Mecklenburg-Vorpommern weisen die Umfragewerte auf einen Abwärtstrend hin. Naheliegende Ursachen sollen hier nicht weiter erörtert werden. Es bleibt freilich die entscheidende Frage: Was haben die Verantwortlichen bislang getan, um für eine allfällige parlamentarische Durststrecke nach den Wahlen im September 2021 vorzusorgen, die möglicherweise dann reduzierte Wirkungsmacht im Bundestag bzw. im Schweriner Landtag durch eine umso stärkere Präsenz im vorpolitischen Raum auszugleichen? Selbst der wohlwollende Beobachter muss nolens volens konstatieren, dass die Antwort sehr ernüchternd ausfällt. Die AfD in Mecklenburg-Vorpommern verabsäumte es seit dem Einzug in den hiesigen Landtag auf nachgerade fahrlässige Weise, ihre umfänglichen Ressourcen zu nutzen, um in jene Gefilde vorzudringen, die in linken Kreisen als „Zivilgesellschaft“ bezeichnet werden und wie oben beschrieben das Rückgrat jedweder politischen Veränderungsfähigkeit bilden.
So wird die Sinnhaftigkeit des Projekts Küstenwende überdeutlich, mithin die Schaffung einer landesweiten Vernetzungsplattform, die den Aufbau grundgesetzkonformer außerparlamentarischer Protest- und Widerstandsstrukturen zum Ziel hat. Der leider erkennbare Umstand, dass die AfD zumindest derzeit ans Ende ihrer Mobilisierungskraft gekommen ist, macht neue Akteure erforderlich, die nach dem Prinzip der klassischen Graswurzelbewegung dem Kampf für unsere freiheitlich-patriotische Sache neuen Auftrieb verleihen.
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