Verdachtsfall AfD – Was nun?

Über die Stärkung von krisenfesten politischen Strukturen – von Holger Arppe  

Verdachtsfall Afd küstenwende

Es ist geschehen

Die Systempresse jubiliert. Seit heute gilt die AfD dem sogenannten Verfassungsschutz offiziell und deutschlandweit als Verdachtsfall, darf mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet werden. Der Zyniker in mir würde es an dieser Stelle bei einem gelangweilten „Na und?“ bewenden lassen, vielleicht noch mit dem abschließenden Satz verbunden, dass jenen, welche diesen Staat überhaupt noch ernst nehmen, ohnehin kaum mehr zu helfen ist. Freilich liegen die Dinge nicht ganz so einfach und darum nachfolgend ein paar mehr Anmerkungen.

Natürlich ist das Ganze eine Farce. Eben erst wurden zwei offen verfassungsfeindlich auftretende Extremistinnen von ihren Genossen an die Spitze der SED/Die Linke gewählt. Beide warben in ihren Parteitagsreden unverhohlen für eine Bekämpfung der bestehenden Gesellschaftsordnung, forderten Klassenkampf und kommunistische Diktatur anstelle von Freiheit und Marktwirtschaft. Empörung in den Medien oder bei den anderen Kartellparteien? Im Gegenteil! Sogar der Generalsekretär der hessischen CDU gratulierte den beiden Nachfolgerinnen von Walter Ulbricht und Erich Honecker überschwänglich, anstatt nach dem Verfassungsschutz zu rufen.

Jammern nützt nichts

Lamentieren hilft nicht. Wir alle wissen, dass die ganze Argumentation rund um eine Überwachung der AfD durch den Inlandsgeheimdienst zutiefst verlogen sowie von Doppelmoral geprägt ist. Darauf immer wieder hinweisen, die Heuchelei des Systems entlarven, das wird auch künftig eine wichtige Aufgabe sein. Aufklärung tut Not. Gleichwohl kann das nicht alles sein. Viel wichtiger, als die Gemeinheiten des Gegners zu beklagen, ist eine Evaluierung offenkundiger Versäumnisse seitens der freiheitlich-patriotischen Bewegung mit der AfD vorneweg.

Machen wir uns nichts vor. Der freiheitlich-patriotische Widerstand und damit auch die AfD als dessen momentanes Flaggschiff wird sich auf einen Zustand der Semi-Illegalität einrichten müssen, vergleichbar dem der Sozialdemokratie während der Bismarckschen Sozialistengesetze im Kaiserreich oder der DKP zur Zeit des Radikalenerlasses der Regierung Brandt in Westdeutschland ab 1972. In beiden historischen Fällen kam es nie zu einem kompletten Verbot der jeweiligen Organisationen, allerdings zu erheblichen Einschränkungen, vor allem was das Wirken in der Öffentlichkeit anbelangte. Zensurmaßnahmen, Berufs-, Versammlungs- und Auftrittsverbote sowie oft völlig willkürliche Polizeiaktionen bis hin zu Verhaftungen einzelner Akteure waren die Mittel der Wahl und stellten in erster Linie eine Zermürbungstaktik dar. Gleichwohl durften auch unter dem Regiment der Sozialistengesetze 1878 bis 1890 Vertreter des SPD-Vorläufers SAP problemlos zu Parlamentswahlen antreten.

Derlei Repressionen müssen letztlich keine Katastrophe bedeuten. Sowohl die deutsche Sozialdemokratie am Ende des 19. Jahrhunderts als auch die westdeutsche Linke ab Mitte der 1980er Jahre gingen insgesamt gestärkt aus allen Zerschlagungsversuchen hervor.

Umdenken ist jetzt wichtig

Das Problem der AfD ist jedoch, dass sie die Niedertracht und Entschlossenheit ihrer Gegner nicht wahrhaben wollte. Statt sich frühzeitig auf die erwartbaren Repressionen des Systems vorzubereiten, hat man geglaubt, durch ostentatives Wohlverhalten bis hin zu nachgerade unverzeihlichen Anbiederungsversuchen eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz abwenden zu können. Weitsichtige Führungspersönlichkeiten hätten freilich erkannt, dass es für eine AfD, die ihrer historischen Aufgabe treu zu bleiben gedenkt, keinen Kompromissfrieden mit den Kartellparteien geben kann, weitere Unterdrückungsmaßnahmen also zwangsläufig sind und man nolens volens mit diesen wird zurechtkommen müssen.

Anders als am Beginn ihrer Existenz verfügt die AfD seit ihrer flächendeckenden Präsenz in den deutschen Landesparlamenten sowie im Bundestag über erhebliche finanzielle Ressourcen. Absehbar ist leider auch, dass dieser Zustand nicht von Dauer sein wird, denn bei der Beobachtung durch den Verfassungsschutz dürfte es kaum bleiben. Hier liegt dann auch die Kernsünde der Partei. Sie hat die zurückliegenden Jahre relativ unbeschwerter politischer Tätigkeit innerhalb und außerhalb der Parlamente nicht genutzt, um ein dauerhaftes Wirken der freiheitlich-patriotischen Bewegung unter sehr viel ungünstigeren Bedingungen zu ermöglichen. Der Anspruch muss sein, funktionierende Strukturen des demokratischen Widerstands zu etablieren, die eine politische Handlungsfähigkeit der freiheitlich-patriotischen Bewegung selbst dann garantieren, wenn die AfD vielleicht doch einmal verboten werden sollte. Leider scheint bei den meisten Protagonisten der AfD die Sicherung des eigenen Parlamentsmandats oberste Priorität zu haben, was den Gedanken an ein Ende der fetten Jahre gar nicht erst in den Fokus strategischer Überlegungen rücken lässt.

Versäumnisse nachholen

Die Partei ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel zum Zwecke der Bewahrung all dessen, was uns an Deutschland (sowie Europa) lieb und teuer ist. Unter dem normativen Druck des Faktischen muss dieses Mittel den Realitäten angepasst oder wenn erforderlich durch andere ersetzt werden, die besser zur herrschenden Lage passen. Glücklicherweise ist es soweit noch nicht. Was aber ist jetzt zu tun? Nachfolgend ein paar Vorschläge, bei denen ich mich ausdrücklich auf die AfD und die freiheitlich-patriotische Bewegung in meiner Heimat Mecklenburg-Vorpommern beziehen möchte, deren Umstände mir naturgemäß am besten bekannt sind:

  1. Es braucht einen massiven Ausbau der freiheitlich-patriotischen Präsenz im vorpolitischen Raum. Vor allem die AfD mit ihren Ressourcen muss verstärkt in politische Nachhaltigkeit investieren, also in Akteure und Strukturen, deren Wirkmacht unabhängig ist von Wahlergebnissen, ja unabhängig von der Existenz der Partei an sich. Wo sind unserer Sache nahestehende Musiker, Schriftsteller, Maler, Bildhauer oder sonstige „Kulturschaffende“, die selbstredend einen ganz anderen Zugang zu den Bürgern haben? Warum gibt es keine patriotischen Kulturevents, die vor allem auch der Jugend verschiedene Attraktions- und Anknüpfungspunkte bieten, die eine Partei so auch gar nicht liefern kann?

  2. Es braucht eine mediale Autarkie. Wie lange werden uns die sozialen Medien – also Facebook, Twitter, Instagram, YouTube – noch weitestgehend problemlos zur Verfügung stehen? Wie will die AfD, wie wollen wir als Akteure der freiheitlich-patriotischen Bewegung insgesamt mit den Menschen in Kontakt treten, sie informieren und aufklären, wenn uns der Weg über Social Media versperrt ist? Zugegebenermaßen habe ich darauf keine fertige Antwort parat, aber das Problem muss doch endlich erkannt und lösungsorientiert diskutiert werden. Wie wäre es mit einer eigenen Zeitung, einem eigenen TV- oder Radiosender oder wenigstens einer freiheitlich-patriotischen Nachrichtenplattform? Viel Zeit bleibt offenkundig nicht mehr. Der Umgang der großen Internetkonzerne (Big Tech) mit Donald Trump sollte jedenfalls mahnendes Beispiel sein.

  3. Es braucht freiheitlich-patriotische Bildungsarbeit. Die besten Multiplikatoren sind die Mitglieder und Sympathisanten der AfD selbst. Nur wissen die oftmals gar nicht, wie sie zur Information und Aufklärung ihrer Nachbarn, Freunde und Kollegen wirkungsvoll beitragen können. Eine nachhaltige Professionalisierung ihres politischen Personals hat die AfD in Mecklenburg-Vorpommern bis anhin komplett versäumt. Über die Gründe kann hier lediglich gemutmaßt werden. Warum erwirbt man keinen leerstehenden Gasthof oder ein Hotel, um darin eine parteinahe Bildungsstätte einzurichten, die Schulungen aller Art anbietet und so den Patrioten unseres Landes das nötige Rüstzeug an die Hand zu geben, um Schritt für Schritt durch Graswurzelarbeit das gesellschaftliche Klima sowie den Zeitgeist zu verändern? Nebenbei hätte man auch einen stets verfügbaren Ort für Konferenzen und Parteitage.

  4. Es braucht eine Mobilisierung der Jugend. Wir müssen Wege finden, den beinahe schon naturgesetzlichen Automatismus zu durchbrechen, dass junge Leute irgendwie immer bei den Linken landen. Hier kommt der vorpolitische Raum ins Spiel (siehe oben), also die Etablierung einer freiheitlich-patriotischen Kulturszene, welche ein eigenes Lebensgefühl transportiert, in einer zunehmend sinnentleerten Welt attraktive Ideale, Werte und Visionen vermittelt. Tatsächlich gibt es bereits vielversprechende Ansätze, zum Beispiel das Projekt Hydra-Comics.

  5. Es braucht internationale Vernetzung. Wer alleine kämpft steht schnell auf verlorenem Posten. Leider hat die AfD zumindest in Mecklenburg-Vorpommern bisher völlig versäumt, sich mit freiheitlich-patriotischen Parteien und Bewegungen im Ostseeraum zu vernetzen und zu verbünden. Gerne lasse ich mich eines Besseren belehren, aber mir ist nicht bekannt, dass es in der Vergangenheit auch nur ansatzweise Versuche gab, engere Kontakte sagen wir mal zur Dänischen Volkspartei, zu den Schwedendemokraten, den Wahren Finnen oder zur estnischen EKRE herzustellen. Verbündete im Ausland, noch zumal, wenn diese direkt oder indirekt an einer Regierung beteiligt sind, können Druck auf die Verantwortlichen in Deutschland ausüben oder sich wenigstens solidarisch zeigen. Schaden dürften Freunde jenseits unserer Grenzen keineswegs und sei es, wenn mal ein Exil benötigt wird.

Wir bleiben dran!

Bei all diesen Punkten werden wir vom Projekt Küstenwende selbstverständlich weiter am Ball bleiben, auf vielerlei Weise Hilfestellungen anbieten und Tools zur Verfügung stellen, um unsere gerechte Sache trotz aller Widrigkeiten erfolgreich voranzubringen. Jeder von uns kann und muss abseits von Parteizugehörigkeiten ein Multiplikator und Akteur im Dienste von Freiheit und Demokratie sein. Wir zeigen, wie es geht!

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