Die friedliche Revolution in der DDR 1989 blieb nicht zuletzt deswegen friedlich, weil das System auch von innen her völlig marode war. Vor allem auf der unteren und mittleren Ebene waren viele seiner Diener von der Alternativlosigkeit der herrschenden Verhältnisse nicht mehr überzeugt, sehnten sich nach politischen Veränderungen. Glaubten diese Leute anfänglich noch, das SED-Regime würde irgendwie dem Beispiel der Sowjetunion unter Michail Gorbatschow auf einen Weg der Reformen folgen, mussten sie bald feststellen, dass sich derlei Hoffnungen nicht erfüllen würden. Spätestens nach dem Interview des Chefideologen der SED, Kurt Hager, mit der Hamburger Illustrierten Stern am 9. April 1987 und der darin geäußerten Absage an Glasnost und Perestroika („Würden Sie, nebenbei gesagt, wenn Ihr Nachbar seine Wohnung neu tapeziert, sich verpflichtet fühlen, Ihre Wohnung ebenfalls neu zu tapezieren?“) war klar, es würde alles so weitergehen wie bisher. Dieser Prozess der inneren Zersetzung des Systems reichte selbst bis ins Ministerium für Staatssicherheit, in welchem man den wahren Zustand der DDR naturgemäß am besten kannte. Dessen Mitarbeiter hatten gehofft, Erich Mielke würde mit Erreichen des 80. Lebensjahres 1987 in Pension gehen, Platz machen für eine Erneuerung. Als das ausblieb, war offenkundig, dass der Untergang nur noch eine Frage der Zeit sein konnte, was die Motivation der Geheimpolizei freilich massiv untergrub.
Ich bin inzwischen überzeugt, dass es im heutigen Deutschland ähnlich ist und die Regierenden sich dessen wohl bewusst sind. Anders lässt sich kaum erklären, mit welcher zuweilen schon hysterischen Empfindlichkeit das System vor allem auf Kritiker aus den eigenen Reihen reagiert. Das reicht von der bizarren Demission des früheren Verfassungsschutzchefs Hans-Georg Maaßen über die Auflösung ganzer Bundeswehreinheiten bis zu den Strafversetzungen und Suspendierungen von Polizeibeamten wegen deren Teilnahme an regierungskritischen Veranstaltungen. Auch in Mecklenburg-Vorpommern wird gerade gesäubert, was das Zeug hält, strukturiert Innenminister Caffier (CDU) das SEK der Landespolizei um, angeblich wegen rechter Umtriebe einzelner Beamter. Natürlich ist das nur ein vorgeschobener Grund. Tatsächlich sind alle diese Vorfälle bei genauerer Betrachtung ein Ausdruck panischer Angst seitens der Regierung, dass der Sicherheitsapparat und weitere Teile der staatlichen Verwaltung zur freiheitlichen Opposition überlaufen, sich mit dieser verbrüdern könnten. Ein zumindest semi-totalitäres Regime ohne den bedingungslosen Gehorsam seiner Repressionsorgane ist nackt, hilflos.
Mit je mehr Menschen ich spreche, desto klarer ergibt sich das Bild einer „Stillen Opposition“, also von Bürgern, die innerlich eine von den Vorgaben des Merkel-Systems abweichende Haltung eingenommen haben, aber noch nicht zu aktiven Mitwirkenden des Widerstands geworden sind. Sie haben sich wenn überhaupt vielleicht erst nur sehr wenigen Mitmenschen anvertraut, dem Ehepartner oder der besten Freundin, spüren gleichwohl aber jeden Tag mehr den Drang, etwas zu tun, mitzuwirken, sich einzubringen. Diese Leute finden wir im öffentlichen Dienst und in der Verwaltung, sie sind Lehrer oder Dozenten, rackern in großen Firmen und kleinen Handwerksbetrieben, sitzen in Kaufhallen an der Kasse oder stehen im Baumarkt an der Säge, sie arbeiten als Kellner und Köche in unserem Lieblingsrestaurant oder leisten medizinische Hilfe in Spitälern und Arztpraxen. Die Stille Opposition ist überall, nur wissen es ihre Mitglieder häufig selbst noch nicht. Es ist nun, da sich die von Angela Merkel in Davos angekündigte „Große Transformation“ immer schneller und unumkehrbarer vollzieht, unsere Aufgabe, diese Stille Opposition zu wecken, deren Mitglieder zu tätigen Akteuren im Kampf für ein besseres Deutschland und Europa zu machen. Die Zeit läuft davon! Wann, wenn nicht jetzt?
Die AfD in Mecklenburg-Vorpommern ist zumindest in ihrem derzeitigen Zustand – soviel Ehrlichkeit muss sein – an dieser Aufgabe komplett gescheitert. Sie beschränkt sich momentan darauf, einer kleinen Gruppe von Berufsfunktionären deren Mandate in Bundes- und Landtag zu sichern. Wegweisende, ja revolutionäre Visionen und Konzepte sucht man bei der nordostdeutschen AfD leider vergeblich. Niemand weiß, wie ein von dieser Partei regiertes Land am Ende des Tages aussehen würde und das beinahe acht Jahre nach deren Gründung und vier Jahre nach dem Einzug ins Schweriner Schloss. Das ist eine magere Bilanz, auch wenn vereinzelte Erfolge – zum Beispiel der Untersuchungsausschuss zur Korruption bei der Arbeiterwohlfahrt – keineswegs unter den Teppich gekehrt werden sollen. Umso tragischer, wenn selbst solche unbestreitbar positiven Ergebnisse von üblen Intrigen, skrupellosen Machtkämpfen, zwischenmenschlichen Feindseligkeiten sowie internen Streitereien überschattet werden.
Andererseits können wir Patrioten doch nicht warten, bis sich die AfD irgendwann einmal eingekriegt und vielleicht auf den richtigen Weg begeben hat. Möglicherweise wird das ohnehin nie geschehen. Sogar Alexander Gauland hat jüngst einen Zerfall der Partei in Betracht gezogen. Deswegen freue ich mich außerordentlich, dass indessen ein neues Projekt auf den Weg gebracht worden ist, um die Stille Opposition in unserem Lande zu wecken und zu aktivieren, veränderungswillige Menschen zu vernetzen, sie bei ihrer persönlichen Widerstandsarbeit im direkten Lebens- und Arbeitsumfeld zu unterstützen, Hilfsmittel und Anleitungen für dieses wichtige Engagement zu offerieren. Bestenfalls können Impulse von außen der AfD helfen, doch noch ins rechte Fahrwasser zu gelangen. Konkrete Einzelheiten und Details werden demnächst im Internet zu erfahren sein. Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass auf die kommende Landtags- und Bundestagswahl keine weiteren Jahre der Destruktivität und Stagnation folgen, sondern endlich die dringend nötige politische aber auch geistige Wende entlang der mecklenburgisch-vorpommerschen Küste in Angriff genommen wird.
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